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CPPD Podcast ERINNERUNGSFUTUR: CPPD-Konferenz „Gegenwart erinnern“
Die Konferenz der Coalition for Pluralistic Public Discourse (CPPD) fand zum Thema „Gegenwart erinnern“ vom 20.-22. Oktober 2023 in Berlin statt. Sie widmete sich den Möglichkeiten, den Grenzen und der Reaktionsfähigkeit von Erinnerung und Erinnerungskultur in Anbetracht tagesaktuellen politischen Geschehens. Die Podcastfolge ist ein Mitschnitt der Veranstaltung.
Wann setzt Erinnern ein? Wann beginnen Gesellschaften und Individuen auf der Basis von Erinnerung, Geschichte zu verhandeln, Geschichte zu schreiben? In pluralen Gesellschaften existieren Erinnerungskulturen nebeneinander. Sie greifen einander auf, werden ihrerseits eingewoben in die Erzählung, wer mit dem Wir einer Gesellschaft gemeint ist, und wer nicht.
Die CPPD plädiert für eine Stärkung der Erinnerungskulturen in Deutschland und Europa. Erinnerungskulturen sind grundlegend an Verständigungsprozessen unserer Gesellschaften über soziale Identität(en) beteiligt. Sie spielen auch in Konfliktdynamiken, die wir heute auf deutscher, europäischer und globaler Ebene erleben, eine zentrale Rolle und zeigen die engen Verwobenheiten unserer Geschichten auf. Diese wirken nicht nur auf die Gegenwart ein – Gegenwart bestimmt unsere Verwobenheiten. Für unsere Erinnerungskulturen bedeutet das, dass wir gemeinsam Wege und Formen entwickeln können, Gegenwart stärker in den Blick zu nehmen. Wenn wir heute über die Zukunft von Erinnerung nachdenken, über eine Zukunft, in der die Vielfalt unserer Gesellschaft an der Gestaltung des Wir partizipieren kann, dann müssen wir den Blick für Erfahrungen und Ereignisse der Gegenwart weiten.
Hierbei geht es nicht um Aufmerksamkeits- oder Platzkämpfe im Erinnerungskalender: Es geht um das Auffalten dieses Kalenders – um die Anreicherung, um die Anerkennung, dass erinnerungspolitische Floskeln nur dann nicht mehr nur Floskel, sondern auch wirksam werden können. Dafür müssen wir die Funktion von Erinnerung in unseren Gesellschaften stärken. Alle müssen in die Vitalisierung eines Versprechens mit einbezogen werden, das zur Floskel geworden ist: Nie Wieder!
Prozesse des Erinnerns stehen in Verbindung zu erlebter Gewalt und Traumata. Das Ignorieren wie das Verdrängen von Erinnerung können zu Ablehnung bis hin zu Retraumatisierung führen. Als emanzipatorischer Akt leistet Erinnerung aber auch Widerstand: gegen gesellschaftliche Missstände und Menschenrechtsverletzungen, gegen beginnende und bereits realisierte Umdeutungen von Vergangenheit. Durch die Stärkung der Funktion der Erinnerung in unseren Gesellschaften können Erinnerungskulturen auf eine Zukunft hinwirken, in der sich gewaltvolle Vergangenheiten und Gegenwarten nicht wiederholen.
Audio-Edit: Gal Yaron Mayersohn; Music: Film Glitch by Snowflake © 2017 Licensed under a Creative Commons Attribution Noncommercial (3.0) license; Illustration: Rosa Viktoria Ahlers; Projektleitung: Jo Frank, Johanna Korneli, Max Czollek | © 2023 DialoguePerspectives | www.dialogueperspectives.org/cppd